Das Projekt GEMEINSAM
Im Gesundheitswesen arbeiten viele verschiedene Professionen meist unabhängig und nebeneinander auf unterschiedlichen Informationswegen zusammen. Der Patient oder die Patientin selber muss in der Regel zwischen den verschiedenen Akteuren vermitteln und individuelle Daten bzw. Befunde an die entsprechenden Dienstleister/-innen weiterleiten. Dieses Vorgehen geht oft zu Lasten der Betroffenen, besonders bei Menschen mit Demenz.
Das Projekt GEMEINSAM, das von 2016 bis 2018 im Leitmarktwettbewerb Gesundheit von der Europäischen Union (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) und der Landesregierung NRW gefördert wurde, erprobte dagegen eine multiprofessionelle Zusammenarbeit in einem sektorenübergreifenden Netzwerk für eine bessere Demenzversorgung und -betreuung im Westmünsterland. In dem Netzwerk arbeiten Akteure des Gesundheitswesens, wie z.B. Ärztinnen und Ärzte, Pflegende sowie Physio- oder Ergotherapeuten und -therapeutinnen gemeinsam in einem professionsübergreifenden Team zusammen. Dabei wird eine diversitätssensible Versorgung, die biografieorientiert, genderspezifisch und kultursensibel angelegt ist, gewährleistet. So können betroffene Menschen mit Demenz im Netzwerk GEMEINSAM bestmöglich versorgt und betreut werden.
Mehr zum Projekt finden Sie unter www.gemeinsam-nrw.de
Hintergrund des Projektes: Multiprofessionalität
Ein modernes, leistungsfähiges und kosteneffizientes Gesundheitswesen benötigt die reibungslose Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen: Pflege, Medizin, Physio-, Ergo-, Logo und Psychotherapie, Gesundheitsberatung und so weiter.
Interdisziplinarität, Multiprofessionalität und sektorenübergreifende Zusammenarbeit sind im Gesundheitssystem aber defizitär.
Es gibt starre, ausgrenzende Professionsstrukturen. Vorbehalte und Grenzziehungen führen zu einer Abschottung der Disziplinen voneinander und zu einer gestörten Kommunikation untereinander.
Patientinnen und Patienten sind oft die „Kommunikationsbrücke“ zwischen den ärztlichen, therapeutischen, beratenden und pflegenden Professionen.
Wenn Patientinnen und Patienten sich nicht adäquat verständigen können (z.B. Menschen mit Demenz), entstehen in diesem System massive Probleme.
Handlungsfeld Demenz
Das Thema Demenzversorgung ist Gegenstand zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte und Initiativen. Demenzprävention und Demenzfrüherkennung hingegen werden zwar seit einigen Jahren beforscht, finden in der Praxis jedoch kaum Anwendung.
Früherkennung wie auch Prävention von Demenz sind dann erfolgreich, wenn die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens ihre jeweiligen Diagnosen, Behandlungs- und Versorgungspfade professionsübergreifend abstimmen. Erste Ansätze hierfür zeigt das Netzwerk Demenzprävention Westmünsterland, das im Projekt „Gesund älter werden“ entwickelt und aufgebaut wurde.
Professionsübergreifende Zusammenarbeit erfordert in diesem Bereich jedoch noch Pionierarbeit bei der Konzeption entsprechender durchgängiger Diagnose- und Präventionsinstrumente.
Handlungsfeld Zielgruppenansätze
Die gender- und kultursensible Gesundheitsversorgung steckt derzeit noch „in den Kinderschuhen“, insbesondere im Rahmen der Früherkennung.
Medizinische Konzepte der Demenzversorgung sind stark auf Männer ausgerichtet, während sich pflegerische oder Präventionsangebote sich stark an den Verhaltensdispositionen der Frauen orientieren.
Menschen mit traumatischen Erfahrungen, langanhaltenden psychischen Belastungen, Migrationshintergrund sowie Menschen mit Behinderung und Menschen aus benachteiligten sozialen Verhältnissen sind Hochrisikogruppen für Demenz. Sie werden aber mit den Standardverfahren nicht adäquat erreicht.
Im Projekt stehen daher zielgruppengerechte Konzeptentwicklungen für diese Gruppen im Vordergrund.